Heute traue ich mich – vielleicht zum ersten Mal öffentlich – mich zaghaft der Frage zu stellen: Was ist eigentlich mein Problem? Warum kann ich trotz meiner vielen Begabungen nicht erfolgreich am gemeinschaftlichen Leben teilhaben?
Denn auch jetzt – nach über 25 Jahren intensiver Beschäftigung mit den Themen „Solidarisches Wirtschaften„, „Selbstbestimmte Gemeinschaftsorganisation“ und „Wie muss Geld gestaltet sein, damit es nicht spaltet, sondern gemeinschaftsfördernd wirkt? fällt es mir immer noch schwer zu beschreiben, was mich daran hindert einfach mitzuspielen und auch am großen Geldrad zu drehen. Das ganze Internet ist ja voll von den wunderbaren Möglichkeiten, zum Millionär zu werden.
Ich scheine unter einer Art Geldtrauma zu leiden. Die Vorstellung, ich verfüge über so viel Geld, dass ich – laut der Definition unserer Neoliberalen Gesellschaft – FREI bin, alles zu tun, bereitet mir Schmerzen. Ich empfinde diese Freiheit durch Geld aktuell nicht. Ich empfinde tatsächlich eher eine strukturelle Geld Gewalt, die immer und überall Menschen dazu zwingt, dass sie Dinge tun, die ungesund sind und am Ende immer mehr gemeinschaftsschädigend wirken. Dies geht ja sogar mittlerweile so weit, dass wir die Gemeinschaft mit unserer Mutter Erde aufkündigen und ihr heftige Schmerzen zufügen.
Insofern muss ich die oben gestellte Frage gleich wieder anpassen:
Was ist eigentlich unser Problem? Und damit meine ich eben genau die Gemeinschaft der Spezies Mensch mit allem was lebt.
Wir leben in der Erde und nicht auf ihr. Das ist für mich eine der wesentlichsten Erkenntnisse der letzten Jahre. Mehr noch: Die Erde und das gesamte Universum sind eine große Gemeinschaft, die auf unendlichen Ebenen miteinander verbunden ist. Und da steckt noch eine zweite Erkenntnis drin. Wir Menschen sind nicht in der Lage das Problem in der Gänze zu durchdringen oder zu verstehen. Dazu sind die Zusammenhänge viel zu umfassend und außerhalb unserer Wahrnehmungsfähigkeiten.
Mit diesem Wissen könnte man nun glauben, dass es sinnlos sei, sich überhaupt mit „unseren gemeinsamen Problemen“ zu beschäftigen.
Wenn man genau hinschaut, steckt allerdings in diesem Satz schon einen Menge Lösungsenergie, die zumindest meinen Denkapparat heftig entlastet: Wenn wir Menschen und die Erde und das gesamte Universum eine Lebensgemeinschaft sind, und wir uns jetzt mal rein denktechnisch aus dieser Gemeinschaft entfernen und von außen auf uns schauen, so könnte es sein dass wir Menschen – aufgrund unseres destruktiven Verhaltens – so eine Art Krebszellenwucherung für den Gesamtzusammenhang darstellen. Und dann ist es doch sofort verständlich, dass das Leben an und für sich irgendwann Gegenmaßnahmen ergreift.
Wir Menschen haben uns – zumindest zum Großteil – zum Problem entwickelt. Nicht als Wesen an sich, aber als Wesen die dem UNIVERSUM durch ihr Handeln beweisen, dass wir nichts mehr – aber auch wirklich gar nichts mehr – über das wirkliche Leben wissen.
Wir – in unseren sogenannten zivilisierten Gesellschaften – haben eine riesige Projektion erschaffen die durch das Internet und fast alle anderen digitalen Medien tagtäglich immer wieder reproduziert wird und damit fast schon real erscheint. Die wenigsten Menschen haben noch eine eigene Wahrnehmungsfähigkeit mit der sie unabhängig von äußeren Einflüssen wahrnehmen was wirklich ist.
Wenn ich also genauer hinschaue sind wir ja vielleicht nicht als „ganze Wesen“ das Problem, sondern nur der Teil von uns der für die Wahrnehmung und die Interpretation dieser Wahrnehmung zuständig ist. Es besteht also noch Hoffnung. Denn wenn nur ein Teil unseres Seins infiziert ist, kann ja vielleicht etwas anderes in uns sich wieder in Richtung des ursprünglichen Wahrseins entwickeln.
Mir hilft an dieser Stelle ein wenig autistische Denk – Mathematik: Bisher leben wir viel zu sehr gefangen in der Wahrnehmung. Wir sind quasi von Informationen umzingelt. Wir als neugierige Wesen haben das Bedürfnis, dass wir diese Informationen soweit irgend möglich in uns aufnehmen, sie interpretieren und daraus Handlungen ableiten und / oder am Ende als Gefühle erleben. Dabei wird es immer schwieriger zu erkennen welche Informationen relevant für unser (Über-) Leben sind und welche nicht. Denn die wirklich wesentlichen Entscheidungen werden gar nicht mehr von uns persönlich gefällt. Wir sind durch verschiedene Dissoziationsprozesse und Trennschichten so weit vom wirklichen Leben entfernt, dass wir die Auswirkungen unseres Handelns nicht mehr direkt und unvermittelt erfahren können.
Wenn in meiner Jugend in meinem Dorf eine Handwerkerin oder Ladenbesitzerin schlecht gearbeitet hat oder seine Mitarbeiterinnen schlecht behandelt hat, dann hatte das unmittelbare Auswirkungen auf die Lebenswelt der Dorfbewohner. Denn oft war die Mitarbeiterin des einen Handwerkers, die Tochter eines anderen Unternehmers oder der Bürgermeisterin.
Wieder zurück zur autistischen Denk – Mathematik: Die eine Seite der Gleichung ist also die Wahrnehmung. Auf der anderen Seite befindet sich das Wahrsein. Das ist wohl der ursprüngliche Zustand, nach dem wir uns alle sehnen. Da Wahrnehmung nicht gleich Wahrsein sein kann, fehlt also noch etwas in dieser Gleichung.
„Auch wenn sich das hier jetzt so einfach runterliest. Für diesen Schritt habe ich Jahrzehnte gebraucht. Und wenn sich beim Lesen jetzt die Nackenhaare sträuben oder sich sogar die Fußnägel aufrollen, dann freut mich das. Denn dann funktioniert die eigene Wahrnehmung wohl noch …“
OK, zurück zur Gleichung. Das Gegenteil von „Nehmen“ ist „Geben„. Was geschieht also, wenn ich – erst mal nur für mich persönlich – die Wahrgebung in die Gleichung aufnehme? An welche Stelle gehört sie? Und was ist das überhaupt?
Damit wir wieder ins Gleichgewicht kommen – dabei ist das Gleichgewicht für mich kein statischer Zustand, sondern eher ein Tanz – sollte die Wahrgebung eine Art Gegengewicht zur Wahrnehmung sein. Und im rhythmischen Wechsel zwischen den beiden „Polen“ entsteht dann das Wahrsein.
Ok, und schon lande ich wieder bei mir.
Was ist meine Wahrnehmung?
Wir Menschen haben kein Problem, sondern wir sind das Problem! Und das bedeutet ja dann auch: Ich bin das Problem – zumindest ein Teil davon!
UiuiuiuiihhhoOoiiooiieeaauue!
Was für ein komischer Schrei. Wer auf Musik steht, mag dazu mal in das folgende Song reinhören – der kommt diesem Schrei schon sehr nahe!
Was ist dann meine Wahrgebung?
Wenn das Problem die Lösung ist, dann liegt wohl auch die Lösung in mir – zumindest ein Teil davon. Wenn ich jetzt also den Begriff „Wahrgebung“ auf mich beziehe und ihn vorurteilsfrei wirken lasse und anschaue und anspüre – wie gesagt, die Transformation ist weiblich! – dann wäre der erste Schritt wohl, dass ich meine Wahrnehmungen als Wahrgebungen nach außen gebe, sicht- und hörbar werden lasse und vielleicht so anderen Menschen die Möglichkeit gebe die tiefe Lebendigkeit, das Wahrsein, das mich – trotz all meiner heftigen Krisen – nie verlassen hat, auch in sich selbst spüren.
Und jeder Augenblick Lebendigkeit den jeder von uns wieder zulässt ohne zu denken, führt zu mehr Lebendigkeit und Freude im eigenen Leben. Und da Freude und Lebendigkeit einfach unglaublich ansteckend sind … braucht es kein Marketing und kein Management, es braucht auch keine Organisation oder Institution … es braucht einfach nur
D I C H
so wie Du eben nun mal gerade bist …